29. März 2024, 6:30 Uhr

Innenminister Reul positiv – Reker Kontaktperson

Eine Armlänge Abstand hat wohl nicht gereicht

Mehrere Medien melden übereinstimmend, daß der NRW-Innenminister Herbert Reul positiv auf das Corona-Virus getestet wurde. „Positiv getestet“ heißt in dem Fall nicht „erkrankt“ oder gar „infektiös“. Bei Prominenten achtet man auf solche Feinheiten.
Eine der Kontaktpersonen ist die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker. Nach der Quarantäneverordnung NRW müsste sie nach §5 eigentlich mindestens 10 Tage in die „Absonderung“, ebenso wie zahlreiche andere ihrer Mitarbeiter und der oberste Feuerwehrmann der Stadt.

Die Oberbürgermeisterin hatte mit Reul an Weiberfastnacht einen Pressetermin wahrgenommen und gilt damit als Kontaktperson.
Laut einer Pressesprecherin der Stadt bleibt Henriette Reker nach Angaben einer Stadtsprecherin in häuslicher Isolation, bis das Ergebnis eines Corona-Tests vorliegt.

Und da liegt auch der feine Unterschied. Nach der oben zitierten Corona-Schutzverordnung NRW entscheidet nämlich das städtische Gesundheitsamt darüber, wie lange Frau Reker in Quarantäne muss. Die werden aus ihren Luxusbüros sicher nicht ihre Chefin einknasten.

Nach der Verordnung dürfen die üblichen 14 Tage nämlich nur verkürzt werden, wenn frühestens nach 10 Tagen ein negativer Test vorliegt. Aber während beim Kölner Pöbel mindestens 10 Tage festgelegt werden, ist es bei der Oberbürgermeiserin eben anders, die macht nur einen Test und hat ihre Grundrechte wieder.
Dass die Bearbeitung dieses Tests vermutlich auch maximal beschleunigt wird, weil das private Großlabor den Exklusivvertrag für die Tests der Stadt ohne Ausschreibung bekam, liegt auf der Hand.
Frau Reker dürfte daher die kürzeste Kölner Quarantäne genießen, die man sich vorstellen kann. Einmal ausschlafen sollte reichen. Vielleicht kriegt sie ja sogar ihre Urlaubstage zurück (mj)

P.S. : der Amtseid der Oberbürgermeistern lautete übrigens:

"Ich schwöre, dass ich das mir übertragene Amt nach bestem Wissen und Können verwalten, Verfassung und Gesetze befolgen und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott helfe."

Aber – nun ja – man hat spezielle Regelungen geschaffen, damit sie sich an „Gesetze“ halten kann. Ob die allerdings noch dem Gleichheitsgrundsatz der Verfassung entsprechen, wenn ihr eigenes Gesundheitsamt über ihre Quarantäne entscheiden soll, während jeder normale Kölner gnadenlos „abgesondert“ wird? (mj)

Update 16.02.21: Die Pressesprecherin bestätigte in einem Artikel des KStA: „Erst, wenn sie ein negatives Testergebnis in den Händen hält, wird sie die Quarantäne verlassen“. Danach findet der StadtAnzeiger noch viele geschmeidige Erklärungen dafür, warum man bei der Oberbürgermeisterin so ganz anders vorgehe, als bei den niederen Kölnern. Alles schön und gut – nur hat das alles nichts mit der Coronaschutzverordnung zu tun. Die erwähnt mit keinem Wort Sonderrechte für Oberbürgermeisterinnen und da steht klar, daß die Quarantäne von 14 Tagen auf 10 Tage verkürzt werden kann, wenn frühestens am 10. Tag getestet wird:

Die Dauer der Quarantäne ergibt sich aus der Anordnung dieser Behörde (Anmerkung: Ordnungsamt/Gesundheitsamt) Sie soll in der Regel nach 14 Tagen enden, gerechnet ab dem letzten Tag des Kontaktes zur positiv getesteten Person (Primärfall). Sie kann aber auf zehn Tage verkürzt werden, wenn die betroffene Personeine Testung mittels PCR-Testoder Coronaschnelltest vornehmen lässt und dabei ein negatives Testergebnis erhält. Die Testung zur Verkürzung der Quarantäne der Kontaktperson darf frühestens am 10.Tag der Quarantäne erfolgen. (…)
(Quarantäneverordnung NRW, „Quarantäne für andere Kontaktpersonen, § 5 Absatz 2)

So wird das auch bei allen Kölnern gehandhabt – außer bei Frau Reker, denn:

Über die Quarantäne von Kontaktpersonen, die keine Haushaltsangehörigen im Sinne von § 4 sind, entscheidet die örtliche Ordnungsbehörde in Abstimmung mit dem zuständigen Gesundheitsamt.
(Quarantäneverordnung NRW, „Quarantäne für andere Kontaktpersonen“,§ 5 Absatz 1)

Na, „Bombe“…denn wer ist seit der Reform 1999 wohl oberste Chefin der „Ordnungsbehörde“ UND des „Gesundheitsamtes“? Die Juristin Henriette Reker, die sich damit de facto selbst aus der Quarantäne entlässt. So sieht Verantwortung und „Solidarität“ in Köln aus.(mj)

Update 17.2.21: Anscheinend liest man hier mit. Frau Reker hat sich dann doch in die vorgeschriebene Quarantäne begeben, auch nach negativem Test.

Der Verlautbarungsjournalismus aus Niehl begründet das damit, daß ihre Kontaktperson (m/w/d) Herbert Reul mit der „Britischen Mututation“ infiziert gewesen sei. Schön daher geschwafelt, denn weder die Coronaschutzverordnung noch die Quarantäneverordnung erwähnen solche „Mutationen“ auch nur mit einem Wort.Das beruht also entweder auf dem gefälligen Rettungs- und Erklärungsversuch vom StadtAnzeiger oder auf Richtlinien des Gesundheitsamtes, die auch schon mehrmals am Tag geändert werden. Letzlich ist das noch eine Ebene unter der Quarantäneverordnung, die auch schon keiner parlamentarischen und damit demokratischen legitmierten Kontrolle unterliegt. Da ist es nur gerecht, wenn es in so einem Fall auch die Stadtfürstin trifft. Man muss eben aufpassen, mit wem man sich trifft – sagt uns die Politik seit einem jahr. Und vielleicht wollte man sich nach reiflicher Überlegung und dem Lesen meines Artikels dann doch nicht so mit „heruntergelassenen Hosen“ erwischen lassen. Die jetzt gefundene Begründung um  sich doch an Recht und Gesetz zu halten, ist jedenfalls haarsträubend.

Zum Schluß als Bonbon noch ein Tweet der OB’in, der sich ganz anders liest, wenn man weiß, daß er erst entstanden ist, nachdem man sie „weggeschlossen“ hat. Plötzlich kennt sie wieder Grundrechte:

Anmerkung 05.03.21: Dieser Artikel wurde wegen eines technischen Versagens am 05.03, wiederhergestellt. Dabei musste ein Screenshot des KStA, der im ursprünglichen Artikel noch vorhanden war, gelöscht werden. Der entsprechende Artikel, in dem die Quarantäne von Frau Reker damit begründet wird, daß Innenminister Reul an einer mutierten Variante erkrankt sein, ist im KStA inzwischen nicht mehr aufrufbar (mj)

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