18. April 2024, 8:03 Uhr

Mal hüh, mal hott…

Zur weltberühmten Glockengasse mit der Nummer 4711 gibt es die Legende, daß ein Reiter Napoleons diese nach der Eroberung Kölns mit einem Stück Kreide als sogenannte Konskriptionsnummer an das Haus schrieb. Heute würde da vielleicht jeden Tag eine andere stehen.

Wie verunsichernd und polarisiert die lokale Berichterstattung zur Coronalage ist, zeigt heute mal wieder „der“ Mainstreamverlag aus Köln. Direkt neben der Meldung „Ohne Masken mitten in Köln – Bis zu 500 Menschen demonstrieren gegen Corona Maßnahmen“ steht: „Martinszüge unter Corona-Bedingungen erlaubt„.

Bleibt man nur bei den Schlagzeilen – was dank vieler „K+“-Artikel hinter einer Paywall durchaus vorkommen kann – könnte man auf die Idee kommen, daß die „Corona-Maßnahmen“ bei den Martinszügen mitten in Köln auch eine Maskenpflicht  bedeuten.

Quelle: Screenshot KStA.de
 

Doch weit gefehlt: wie bei Demonstrationen können auch Martinszüge zumindest zum momentanen Zeitpunkt nur mit einem Hygienekonzept, aber ohne Mund-Nasenbedeckung abgehalten werden. „Ohne Maske mitten in Köln“ ist also -bis auf einige Ausnahmen- völlig legal ob mit oder ohne Pferd. Sankt Martin war übrigens der mit dem geteilten Mantel, nicht barmherzige Samariter, das kann man mit einem halben Theologiestudium in der DDR schon mal durcheinander werfen.  Und eigentlich demonstriert man ja (auch) für Martinszüge ohne Maske – warum also diese moralische Unterscheidung? Müsste es nicht auch heißen: „Mitten in Köln – Martinszüge ohne Maske“, wenn der große Verlag der Ehrenbürgerin DuMont seine Schlagzeilen macht?

Corona – das Gesinnungsvirus ?

Man könnte genauso hinterfragen, welche Rolle die Medien das Kölner Medium in dem Corona-Chaos spielt. Es gilt nur noch die Jagd nach irgendeiner Meldung, mit der man Werbung schalten kann, bevor sie wieder überflüssig wird und das passiert in der Politik zu Corona gefühlt zwei Mal am Tag. Morgens ist dieses erlaubt, nachmittags jenes verboten, außer zwanzig Hausnummern weiter, weil da  eine Bundeslandgrenze völlig andere „Infektionsschutzgesetze“ erzwingt. Der wackere Herr Lauterbach reist inzwischen auch so oft von Talkshow zu Talkshow, daß man schon gar nicht mehr weiß, aus welchem Risikogebiet er kommt und in welches er will. Wie gut, daß er da nicht als Arzt tätig ist oder überhaupt jemals nennenswert war. Jetzt könnte man das ganze von der Politik verursachte Chaos noch wohlwollend als „Flexibilität“, „dynamische Reaktion“ oder einfach wie im Fall Söder oder Laschet als „persönliche Darstellungsoptimierung in Lauerstellung auf die Kanzlerschaft“ bezeichnen. Die Medien sollten dabei aber nicht mitmachen, auch wenn die einzige Zeitung in Köln dabei den Spagat zwischen der gefälligen Hofberichterstattung und mangels sinkender Abonenntenzahlen wachsenden Werbeabhängigkeit nur gut hinbekommt, weil es weder für das eine noch das andere Konkurrenz gibt. Am Ende möchte man in der Amsterdamer Straße  das kostenträchtige Geschäft mit der Berichterstattung vielleicht ganz dran geben und nur noch Werbeeinnahmen erzielen. Der Deal mit dem „Bundesanzeiger“ soll ja betriebswirtschaftlich auch nicht so laufen.

Journalismus soll  dokumentieren, das Geschehen abbilden, ohne selbst Stellung zu beziehen. Auch wenn das inzwischen einige Journalisten offen ablehnen – jede dieser Kehrtwenden wird von „der Presse“ umgehend berichtet, inklusive der teilweise jämmerlichen Wendehälse die am Tag vorher noch genau das Gegenteil gesagt haben. In Zeiten, in denen die Bürger ihre Sicherheit vor allem in der Stille der Bundesregierung und Unmengen an Klopapier suchen, eher kein wirklich gesellschaftlich wertvolles Unterfangen.

So hat die Politik sich zu fragen, ob ihre panischen und oft widersprüchlichen Ideen, die Grundrechte einschränken, nicht auch vom Bundestag abgesegnet werden sollten, denn die bisherigen Rechtsverordnungen sind keine Gesetze und unterliegen keiner parlamentarischen Diskussion oder Kontrolle.  Im Moment regieren die Gesundheitsämter mit Notverordnungen. Da hat sich sicher niemand so gedacht, als das „Infektionsschutzgesetz“ solche Ermächtigungen erhielt. Wieder eines der Gesetze, die nach langer zeit von der Realität überholt wurden und die eine alles aussitzende Bundespolitik niemals überdacht hat – bis es wieder „alternativlos“ wurde.

Aber auch die Presse sollte sich fragen, welche Rolle sie spielt. „Coronademonstranten“ sind „Mitten in Köln ohne Maske“ nicht gefährlicher als Martinsumzüge ohne Maske.
Vielleicht könnte man sogar eher darauf verzichten, mit Laternen hinter einem alten Mann auf einem Pferd herzulaufen als auf mahnende Demonstranten, die zur Meinungsbildung beitragen und nicht pauschal rechts sind, weil ihnen das Hin- und Her der Coronamaßnahmen unverständlich ist.

Berichterstattung nur noch als Möhre vor dem Werbepferd

Man kann natürlich zu Hause bleiben, Corona und Sankt Martin einen guten Mann sein lassen und sich seine Meinung über Weltklasseartikel wie „Statt Kartoffel – welche Gemüsesorten eignen sich noch als Püree?“ (21.10.20) bilden. Vieleicht wird von Püree mal das Schicksal der Republik abhängen, bei dem Einheitsbrei, den man in Berlin so produziert.  Man könnte sich allerdings auch weiter von Artikeln wie

Nach Hetze von Hildmann: 70 Exponate auf Berliner Museumsinsel beschädigt

die Welt erklären lassen. Erst im letzten Drittel des Artikels gibt der StadtAnzeiger zu: „Ob eine Verbindung zwischen den Vorfällen und dem Verschwörungserzähler Attila Hildmann besteht, ist unklar.
Nein, die Verbindung ist nicht nur „unklar“, sondern eine bloße Vermutung, die im Journalismus vor allem als Schlagzeile so nichts zu suchen hat. Genauso unseriös wäre die fiktive Schlagzeile

Nach Wahlhilfe: Henriette Reker macht Hedwig Neven DuMont zur Ehrenbürgerin

gewesen. Macht man nicht, sowas, weil ein Zusammenhang eben nur vermutet wird, aber nicht mal die Kriterien eines Verdachts erfüllt, egal, ob die Wahlhilfe nur in Form von warmen Worten oder gar kaltem Geld erfolgte. Klar, ich sehe da auch ein „Geschmäckle“, aber ich behaupte auch nichts aus meinem Bauchgefühl heraus, sondern stelle es nur als Gegenentwurf einer Schlagzeile auf, die sie hier erst lesen würden, wenn es mehr als dieses Bauchgefühl wäre.

Wenn die Sympathien mit dem verwirrten Vegankoch Hildmann hier auch eher gegen „unter Null“ gehen, darf hier nicht nach dem Motto „Irgendwas bleibt halt hängen“ an der allgemeinen Hexenjagd teilgenommen werden, indem Zusammenhänge formuliert werden, die man dann in einem Nebensatz zurücknehmen muss, weil sie nur auf der gefühlten Wahrheit beruhen. Frei nach dem Motto: „Ich weiß zwar nichts, aber ich fühle ganz stark die Wahrheit in mir!“.

Update: 01.11.20: Das Land NRW hat dann doch ab dem 02. November alle Martinszüge verboten, auch die mit dem Hygienekonzept. Die Pferde wird es freuen (mj)

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Die Stadt Köln besitzt eine Waldgrabstätte im Königsforst, der zum Stadtgebiet von Bergisch-Gladbach gehört. Der Unternehmer Hubert Josef Hausmann vermachte dieses Grundstück, auf dem er und seine beiden Hunde begraben sind, nebst viel Geld und Immobilien der Stadt, die dafür die Grabpflege übernahm.