28. März 2024, 15:06 Uhr

Obszöne Summen für Wunder

Köln hat eine Oper, das finden ein paar (wenige) Bürger ganz wundervoll. Bezahlen dürfen dieses Wunder aber auch die, die sich angesichts der Sanierungskosten für den Kulturbunker verwundert die Augen reiben.

Man hat viel gelesen über die Kostenexplosion der Elbphilharmonie, regelmäßig wurde schon fast gehässig über immer neue Baufehler und -sünden berichtet, das ganze Projekt schien ein Fass ohne Boden.
Nun ist sie schon vier Jahre fertig, diese Elbphilharmonie, während die Kölner Oper womöglich erst 2023 eröffnet wird. Wenn die Kölner Oper 2024 eröffnet wird, dann hat deren Sanierung solange gedauert wie der Neubau in Hamburg.
Dann sind mindestens 841 Millionen Euro für die Sanierung eines „denkmalgeschützten“ Baus ausgegeben worden, für ein Ensemble aus den 60ern in düsterem Muschelkalk, den Hitler’s Architekten in seiner monströsen Anmut auch  so liebten, und dem wenig ansehnlichen Bunkerbeton, den sie zwar weniger mochten, notgedrungen aber auch reichlich verbauen mussten.

Das Grabmal des gescheiterten Intendanten

Die belächelte Elbphilharmonie kostete letzlich als Neubau 866 Millionen Euro und steht jetzt ziemlich eindrucksvoll in der Hamburger Skyline, was der Karikatur des ägyptischen Luxor-Tempels als Kölner Oper wahrscheinlich nicht gegönnt sein wird. Oder besser: hoffentlich. Anderseits kann man den Mordstrumm mitten in der Stadt auch nicht verstecken. Leider ist noch niemand auf die Idee gekommen, daß das klischeehafte Imitieren ägyptischer Tempel irgendwie Pharaonen beleidigen könnte – und „Gott sei Dank“ wird sich auch das Düsseldorfer Architektenbüro HBB gedacht haben, daß diese Menge Stahlbeton und Riphahn’s Ode an die Scheußlichkeit nicht in Düsseldorf steht.

Vielleicht stellt die verschwenderische Kölner Politik aber noch für 25 Millionen Euro Schamwände zur Nord-Süd-Fahrt auf, damit wenigstens die Touristen nicht fragen, warum man den Palast der Republik hier wieder aufgebaut hätte oder ob oben immer noch Flugabwehrkanonen stehen würden.  Man schaut eben besser zur Schriftinstallation „Liebe Deine Stadt“ auf dem „Weltstadthaus“. Sobald man sich allerdings rumdreht, und den bedrohlichen Muschelkalk sieht, sollte man sich fragen: „Warum?“

Jetzt ist bekanntlich die Oper erst vorbei, wenn eine dicke Frau gesungen hat und das ist noch eine Weile hin. Zur Zeit gibt es noch über 700 „Kollisionen“, also Planungsfehler in der Oper. jeder baute da kunterbunt durcheinander, verlegte seine Kabel, montierte und schraubte wie Bob der Baumeister. Das Geld floß trotzdem.
Gedanken machte man sich auch jahrelang nicht bei der Bauaufsicht und ließ es laufen, bis urplötzlich ein paar Dutzend Mllionen weg waren und man sich fragte, was denn eigentlich „diese Baustelle mache“.  Nun, gar nichts. Man baute Lüftungsschächte vor eine Türöffnung und verlegte, wie beim Berliner Flughafen emsig Kabel ohne jeden Plan und Nachfrage.  Das größte Kupferbergwerk Roms steht wohl wieder nördlich der Alpen.
Also rollten ein paar entbehrliche Köpfe von Sündenböcken, die wichtigste Elektrikfirma stahl sich in die Insolvenz davon, aber man schaffte es glänzend, das Thema aus jedem Wahlkampf herauszuhalten und gab weiter das Geld aller Kölner aus. Mit beiden Händen, wie die Wurfartikel beim Rosenmontagszug, wenn die Kameras drauf halten. Nur diesmal eben ohne Kameras oder Öffentlichkeit, also schamlos.

Die Baustelle kostet die Stadt Köln immer noch jeden Tag 80.000 Euro. Ein Schelm, wem da die Markttoilette in Nippes einfällt, die man für lächerliche (und einmalige) 8000€ wieder in Gang hätte setzen können, für die aber seit 2011 das „Geld fehlt“. Mit jedem Tag Operbaustelle könnte man also 10 Toiletten reparieren. Oder was man damit jeden Tag in Kölner Schulen machen könnte, deren Bau Henriette Reker laut Wahlaussage „beschleunigen will“.
Ihre Wähler sollten sie fragen, was sie an jedem 80000-Euro-Tag der letzten 5 Jahre gemacht hat und mit welchem Geld, das ja jetzt jeden Tag in die Oper fließt.

Und so ist der Bau der Kölner Oper einfach nur obszön, denn die Besucherzahlen sinken seit Jahren. Öbszön heißt eben unanstandig und da forderte man tatsächlich schon, daß auch die Kölner Nachbargemeinden für diese Oper zahlen sollen – wobei man ohnehin seit 2014 schon eine Kulturförderabgabe in Höhe von 5% der Hotelkosten  bei allen Touristen erhebt. Wo ein Großteil dieser jährlich über 20 Millionen Euro verwendet werden, bleibt der Fantasie der Stadtkämmerin überlassen. Zwischenzeitlich wurden auch schon „Projekte des Stadtklimas und Verschönerungsprogramme“ aus diesem Topf bezahlt: Keine einzige Vorschrift erzwingt eine Zweckgebundenheit dieser „Kulturförderabgabe“.

Die zu erwartenden Einnahmen aus der Kulturförderabgabe fließen – praktisch als „Gegenleistung“ – in die Bereiche Kultur, Bildung und Tourismus, ohne dass hierzu eine Verpflichtung aus der Abgabe heraus besteht.
(Website der Stadt Köln)

Durch Corona sind viele Kulturschaffende in ihrer Existenz bedroht, aber für diese muss das Land oder der Bund einspringen, weil Köln sich mit seinem aus der Zeit gefallenen Wiederaufführungsbetrieb schon tausendfach gespielter Opern für einen architektonisch bedenklichen Klotz finanziell fast übernommen hat (mj)

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